Amtliche Leitsätze:
1. Das für die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs vorauszusetzende Zeitmoment erfordert eine Passivität des Unterhaltsgläubigers für mehr als ein Jahr (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2018, 589 Rn. 13 m.w.N.). Hierbei stehen nicht nur eine Aufforderung zur Auskunftserteilung, eine Bezifferung des Unterhaltsanspruchs oder eine Zahlungsaufforderung einer Passivität entgegen, sondern auch Vorgänge, die zwar nicht unmittelbar der Durchsetzung des Anspruchs, aber ihrer Vorbereitung dienen, wie etwa das Einräumen von Stellungnahmefristen, die eine weitere Sachverhaltsaufklärung ermöglichen sollen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1888 Rn. 28).
2. Das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung kann das Umstandsmoment der Verwirkung nicht begründen (vgl. BGH FamRZ 2018, 589 Rn. 15 m.w.N.). Zur Annahme der Verwirkung muss für den Schuldner ein vom Gläubiger gesetzter besonderer Vertrauenstatbestand vorliegen, der vom Schuldner konkret darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen ist (BGH FamRZ 2018, 589 Rn. 17). Vertrauensbegründende Umstände können vorliegen bei einem konkreten Verhalten des Gläubigers, das Grund zu der Annahme geben kann, er werde seinen Unterhaltsanspruch nicht mehr geltend machen, insbesondere weil er seinen Rechtsstandpunkt aufgegeben habe.
3. Die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache außerhalb des Verbundverfahrens ist grundsätzlich nicht mutwillig i.S. des § 114 ZPO (vgl. BGH FamRZ 2005, 786; BGH FamRZ 2005, 788). Dem ist unter Geltung des FamFG zu folgen. Auch eine vermögende Partei würde bei Erfolgsaussicht die Kostenfolge des § 243 S 2 Nr. 1 FamFG derjenigen aus § 150 Abs. 1 FamFG vorziehen, wie unmittelbar einleuchtet.
4. Unabhängig davon können, insbesondere bei Rentenbezug, die Durchführung und Umsetzung des Versorgungsausgleichs die Berechnung des nachehelichen Unterhalts ganz erheblich vereinfachen und die den Unterhaltsgläubiger treffenden wirtschaftlichen Risiken einer Falschbezifferung beträchtlich senken.
OLG Brandenburg (4. Senat für Familiensachen), Beschluss vom 29.4.2019 – 13 WF 91/19