Duldung der Entnahme eines Mundschleimhautabstriches zur Vaterschaftsfeststellung

Amtliche Leitsätze:

1. Das in § 1686a BGB bewusst offen formulierte Tatbestandsmerkmal des ernsthaften Interesses soll sicherstellen, dass der durch das Umgangsbegehren eines Putativvaters hervorgerufene Eingriff in den Schutzbereich der rechtlichen Familie des Kindes nicht willkürlich, sondern nur dann vorgenommen werden kann, wenn auch auf Seiten des Putativvaters ein objektivierbares und nachvollziehbares rechtliches Interesse tangiert ist.

2. Die im Zwischenverfahren gem. § 167a Abs. 2 FamFG zu prüfende Zumutbarkeit ist im Lichte der Grundrechtsgarantien auszulegen; dabei ist die Reihenfolge der Klärung der Tatbestandsmerkmale des § 1686a BGB nicht in das Belieben des Familiengerichts gestellt, sondern zuvor eine Gesamtbetrachtung anzustellen, welche Auswirkungen weitere Ermittlungen bzw. Beweiserhebungen auf die grundrechtlich geschützten Belange der aus Mutter, Kind und rechtlichem Vater bestehenden Familie haben (Anschluss an BVerfG FamRZ 2015, 119). Keinesfalls darf das Gericht sich damit begnügen, welche Prüfungsreihenfolge sich für die Verfahrensführung als praktikabler darstellt.

3. Ein Eingriff in die Grundrechtsposition der körperlichen Unversehrtheit ist angesichts der Möglichkeit, den Probanden die Erbsubstanz mithilfe eines Mundschleimhautabstriches völlig schmerzfrei zu entnehmen und dem grundsätzlichen Gleichrang der wissenschaftlichen Aussagevalidität von Blut- oder Mundschleimhautzellenentnahme gemäß der Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission in der Fassung vom 17.7.2012, in Ermangelung einer Ausnahmekonstellation, die zunächst durch den Sachverständigen darzulegen wäre, nicht mehr erforderlich und daher unverhältnismäßig.

OLG Frankfurt a. M. (6. Senat für Familiensachen), Beschluss vom 2.1.2019 – 6 WF 115/18