Anspruch auf Trennungsunterhalt aus übergegangenem Recht – Einwand der Verwirkung wegen gröblicher Verletzung der Familienunterhaltsverpflichtung

Amtliche Leitsätze:

1. Die Familienunterhaltspflicht des Unterhaltsberechtigten im Sinne des Härtegrunds des § 1579 Nr. 6 BGB bemisst sich nach den im Rahmen der ehelichen Rollenverteilung übernommenen Aufgaben. Wenn der Unterhaltsverpflichtete trotz eigener Erwerbstätigkeit den Haushalt allein geführt und allein gemeinsame Kinder großgezogen hat, kann davon auszugehen sein, dass der Unterhaltsberechtigte nach der ehelichen Rollenverteilung zur Sicherung des Familienunterhalts durch Erwerbstätigkeit verpflichtet und in diesem Rahmen notfalls gehalten gewesen ist, den Beruf zu wechseln oder eine selbständige Tätigkeit aufzugeben.

2. Die Verletzung der Familienunterhaltspflicht ist gröblich im Sinne des § 1579 Nr. 6 BGB, wenn die Familie dadurch ohne den Einsatz des anderen Ehegatten in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Deckung ihres Lebensbedarfs geraten wäre.

3. Das für eine Verwirkung gemäß § 1579 Nr. 6 BGB erforderliche Verschulden liegt vor, wenn der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten bezüglich der unterlassenen Arbeitssuche immer wieder Vorhaltungen gemacht hat und dieser eine Erwerbstätigkeit abgelehnt hat, ohne an einer solchen aufgrund von ihm nicht zu vertretender Umstände gehindert gewesen zu sein.

4. Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann schon vor Ablauf des Trennungsjahres eine Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten bestehen, wenn dessen Erwerbsabstinenz keiner ehelichen Rollenverteilung entsprach und damit nicht auf einer Funktionsteilung beruht, die den Erwerbsstatus des Unterhaltsberechtigten schutzwürdig erscheinen ließe.

OLG Düsseldorf (1. Senat für Familiensachen), Beschluss vom 28.2.2019 – II-1 UF 12/19