Sozial missbilligenswerte Verhaltensweisen bei innerfamiliären Konflikten

Amtliche Leitsätze:

1. Eine leichtfertige und sozial missbilligenswerte Selbstgefährdung liegt auch dann vor, wenn das Opfer im Rahmen eines langfristigen innerfamiliären Streits (hier um das Sorgerecht über ein Kind) und nach der Beendigung einer bereits gewalttätig gewordenen Auseinandersetzung die Kontrahenten erneut aufsucht, um „dem Streit ein Ende zu machen“, dabei potenzielle Schlagwerkzeuge mit sich führt und sich damit in die erneute Auseinandersetzung begibt, nachdem diese von verbalen Anwürfen zu Gewalttätigkeiten übergegangen ist.

2. Welche Verhaltensweisen sozial missbilligenswert sind, bestimmt die Rechtsordnung. Hierzu gehört das staatliche Gewaltmonopol. Es verlangt, laufende, auch innerfamiliäre Konflikte mit Hilfe der staatlichen Instanzen (hier: Jugendamt, Familiengericht, Polizei) zu beenden und nicht durch verbale oder körperliche Auseinandersetzungen. Dies gilt auch dann, wenn innerhalb der Familie oder Gruppe des Gewaltopfers möglicherweise abweichende kulturelle oder soziale Vorstellungen oder Verhaltensmuster bestehen.

LSG Baden-Württemberg (6. Senat), Beschluss vom 28.9.2018 – L 6 VG 2878/17