Amtliche Leitsätze:
1. Weil in Umgangsverfahren das Verschlechterungsverbot nicht gilt, kann auf die Beschwerde eines den uneingeschränkten Umgang unberechtigterweise verweigernden betreuenden Elternteils auch noch im Beschwerdeverfahren erstmals eine Umgangspflegschaft von Amts wegen angeordnet werden, sofern dieses zum Wohl des Kindes notwendig ist, um die Durchführung von Umgängen sicherzustellen.
2. Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahrs sind in Umgangsverfahren grundsätzlich anzuhören, weil die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung über den Umgang regelmäßig von Bedeutung sind.
3. Mit dem gesetzgeberischen Zweck der gerichtlichen Anhörung von Kindern ist es hingegen nicht vereinbar, diese auch dann gerichtlich zu erzwingen, wenn zu erwarten ist, dass der das Kind betreuende Elternteil, der mit allen, auch unzulässigen Mitteln den Umgang zu verhindern bestrebt ist, das Wohl des Kindes zusätzlich dadurch gefährdet, dass er dessen persönliche Anhörung durch das erkennende Gericht zu verhindern sucht.
4. Nach einer Abwägung kann dann im Einzelfall von einer Kindesanhörung, die gegenüber dem betreuenden Elternteil nur zwangsweise durchgesetzt werden könnte, nach § 159 Abs. 2 FamFG, aber auch aufgrund des Vorliegens schwerwiegender Gründe gem. § 159 Abs. 3 FamFG abgesehen werden, insbesondere dann, wenn mit Hilfe anderer Informationen die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes in Bezug auf Umgänge mit dem anderen Elternteil verlässlich festgestellt werden können.
5. Der Verfahrensbeistand ist als unabhängiger Beteiligter i.S. des § 7 FamFG ausschließlich dem Wohl des Kindes verpflichtet. Zur sachgerechten Aufgabenerfüllung gehört grundsätzlich der persönliche Kontakt des Verfahrensbeistandes zum betroffenen Kind. Dem Verfahrensbeistand steht dabei ein Ermessensspielraum zu, ob und wie er Kontakt zu dem Kind aufnimmt. Die Entscheidung des Verfahrensbeistands den Kontakt zu dem Kind ausschließlich außerhalb des Haushalts des betreuenden Elternteils, vornehmen zu wollen, stellt deshalb keinen Pflichtverstoß dar, wenn hierfür ein sachlicher Grund (z.B. manipulierender betreuender Elternteil) vorliegt.
6. Eine Aufhebung der Bestellung eines Verfahrensbeistandes wegen der Besorgnis der Befangenheit sieht das Gesetz nicht vor.
7. Das Familiengericht trifft aufgrund der ihm obliegenden Aufgabe, kindeswohldienlich zu entscheiden, nach der Bestellung eines Verfahrensbeistandes die Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Verfahrensbeistand die Interessen des Kindes sachgerecht wahrnimmt. Daraus folgt, dass eine Aufhebung der Bestellung eines Verfahrensbeistandes nur dann geboten sein kann, wenn er ungeeignet ist oder ihm im Zusammenhang mit der Interessenvertretung ein gewichtiges Fehlverhalten vorzuwerfen ist.
OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.8.2018 – 2 UF 57/18