Nachweis im Grundbuchverfahren, dass bei einer Erbeinsetzung eine auflösende Bedingung (Pflichtteilsstrafklausel) nicht eingetreten ist

1. Enthält ein notarielles Testament eine (auflösend) bedingte Erbeinsetzung (etwa in Form einer Pflichtteilsstrafklausel), so genügt das Testament allein als Nachweis der Erbfolge nicht. Vielmehr ist das Grundbuchamt unter Reduktion seines Ermessens nach § 35 Abs. 1 Satz 2 HS 2 GBO gehalten, einen Erbschein oder Erklärungen der Beteiligten in der Form des § 29 GBO, die zum Nachweis für den (Nicht-)Eintritt der (auflösenden) Bedingung ausreichen, zu verlangen.
2. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist im Grundbuchverfahren in der vorliegenden Konstellation kein taugliches Mittel, weil das Gesetz die Abgabe einer (strafbewehrten) eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem Grundbuch nur in besonders geregelten Ausnahmefällen vorsieht, etwa § 35 Abs. 3 S. 2 GBO. Gleichwohl (etwa vor dem Notar) abgegebene „eidesstattlichen Versicherungen“ sind allerdings als Erklärungen in der Form des § 29 GBO anzusehen.
3. Zum Nachweis, dass eine auflösende Bedingung nicht eingetreten ist, können entsprechende Erklärungen der Erben in der Form des § 29 GBO genügen, soweit das Grundbuchamt daraus (bzw. im Zusammenspiel mit weiteren Umständen) im konkreten Fall die Überzeugung gewinnen kann, dass die vorgetragenen Tatsachen zutreffen.
4. Die Vorlage von Erklärungen der Beteiligten in der Form § 29 GBO kann insbesondere dann genügen, wenn diese auf Grund eines allgemeinen Erfahrungssatzes die Annahme rechtfertigen, dass die auflösende Bedingung nicht eingetreten ist.
5. Für den Fall einer Pflichtteilsstrafklausel greift ein allgemeiner Erfahrungssatz, wenn Erklärungen sämtlicher (potentieller) Erben mit dem Inhalt vorgelegt werden, dass (ihres Wissens) keiner der (potentiellen) Erben seinen Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstorbenen geltend gemacht hat. Alternativ würde es auch ausreichen, wenn alle (potentiellen) Erben gemeinsam beim Notar erscheinen und jeweils die Erklärung abgeben, dass sie nicht ihren Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstorbenen gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend gemacht haben. In beiden Fallgestaltungen kann von einem allgemeinen Erfahrungssatz ausgegangen werden dahingehend, dass die potentiell konkurrierenden Erben derartige Erklärungen nur abgeben, wenn tatsächlich keiner der Erben seinen Pflichtteil geltend gemacht hat.
OLG Schleswig (2. Zivilsenat), Beschluss vom 16.08.2024 – 2x W 46/24