Amtliche Leitsätze:
1. Macht der frühere rechtliche Vater (sog. Scheinvater) auf ihn gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangene Ansprüche auf Kindesunterhalt gegen den rechtlichen Vater geltend, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast anhand des konkret zu berechnenden Nettoeinkommens dafür, dass der Antragsgegner im Unterhaltszeitraum über Einkünfte verfügte, die einen Unterhaltsanspruch über den Mindestunterhalt hinaus rechtfertigen (so BGH v. 19.9.2018 – XII ZB 385/17).
2. Die Inanspruchnahme für einen Zeitraum von rund 17 Jahren (1975 bis 1992) mehr als 23 Jahre nach der letzten Unterhaltszahlung kann auch in Höhe des insgesamt geschuldeten Mindestunterhalts für den Renteneinkünfte beziehenden unterhaltspflichtigen Vater eine unbillige Härte i.S.v. § 1613 Abs. 3 BGB darstellen, die es rechtfertigen kann, den Unterhaltsanspruch auf etwa die Hälfte des rechnerischen Mindestunterhalts zu reduzieren.
3. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung nach § 1613 Abs. 3 BGB kommt es maßgeblich darauf an, ob und ggf. ab welchem Zeitraum der rechtliche Vater mit einer Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt rechnen musste. Darüber hinaus ist in einer Gesamtbetrachtung auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Scheinvater mehr als die Hälfte des Unterhaltszeitraums mit dem unterhaltsberechtigten Kind und der Kindesmutter in familiärer Gemeinschaft zusammengelebt hat (vgl. BT-Drs. 18/10343, S. 16, 21 zur Reform des Scheinvaterregresses).
OLG Celle (21. Zivilsenat), Beschluss vom 10.4.2019 – 21 UF 53/17